Mittwoch, 7. Juni 2017

Wie bitte? Hochsensibel?


In den letzten Monaten bin ich öfters in Berührung gekommen mit den Begriffen „hochsensibel“ oder „HSP“.  Auf diversen Eltern-Kind-Blogs sprießen diese Artikel momentan ja wie Unkraut aus dem Boden. Ehrlich gesagt habe ich dieses Thema bislang immer links liegen lassen. Ich tat es ab als neumodisches Ding und als Spinnerei, da man allem und jedem immer neue Namen geben muss.

Letztens hatte ich im Kindergarten ein Entwicklungsgespräch über unseren Sohn. Mir wurde erklärt, er sei irgendwie anders, ein Einzelgänger und auch nicht richtig integriert. Er habe Probleme mit der Abgrenzung und seiner Identität. Auf Anraten der Erziehrinnen soll ich ihm das Buch „Das kleine Ich bin ich“ vorlesen (was ich auch direkt bestellt habe) und ihn in seinen Stärken bestärken. Mein Bauchgefühl sagte mir jedoch, irgendetwas ist da noch, ich konnte es nur nicht beschreiben. Das Gespräch ließ mir lange keine Ruhe. Immer und immer wieder habe ich die Worte reflektiert und darüber nachgedacht. Unser Sohn ist eigentlich kein Einzelgänger, im Gegenteil, zuhause sucht er immer wieder Kontakt zu seinen Geschwistern und Nachbarskindern. Warum also im Kindergarten? Da fiel mir das Thema HSP wieder ein und ich führte diverse Tests zur Feststellung einer Hochsensibilität für meinen Sohn durch. Dabei fielen mir nicht nur die Übereinstimmungen mit meinem Sohn, sondern vor allem mit unserer großen Tochter auf. Letztendlich jedoch – und das war das Erschreckendste für mich- musste ich feststellen, dass die meisten Aussagen auch auf mich zutreffen.

Als ich in einem Ergebnis folgendes las: „Sie sind mit an Gewissheit grenzender Sicherheit eine HSP. Je weiter Ihre Punkte-Anzahl über 200 liegt, umso mehr sollten Sie darauf achten, sich in kein Schneckenhaus zu verkriechen. Arbeiten Sie daran, Wege und Möglichkeiten zu finden, um in einer Ihnen angenehmen Weise Kontakt mit der Welt zu halten. Die Welt braucht Sie und Ihre Empfindsamkeit. Sie sind eine Bereicherung.“

Der letzte Satz brachte den AHA-Effekt und mich letztendlich auch zum Weinen. Erst da fiel mir auf, wie „anders“ ich mich als Kind und junge Erwachsene gefühlt habe. Ich ging nie mit auf Popkonzerte, Kirmes und Parties waren mir immer unangenehm und ausgiebige Gespräche mit vielen anderen erschöpften mich schnell. Ich brauche Auszeiten und Rückzugsmöglichkeiten, bevor ich mich wieder unter Menschen begebe. Ich grenze mich bewusst ab und werde daher von vielen Menschen mit Vorwürfen und Beleidigungen überhäuft. Ich könnte auch nie alleine reisen, aus Angst vor Neuem und Unbekanntem. Auslandserfahrungen während des Studiums waren für mich daher unmöglich. Gesänge und Musik in Kirche und Musikvereinen bringen mich immer zum Weinen, laute Sirenen der Feuerwehr und Polizei hingegen machen mich immer leicht panisch. Am meisten beeinträchtigt mich ich jedoch das unermüdliche und ständige Reflektieren meiner Handlungen gegenüber Dritten. „Mache ich es richtig? Ist es in Ordnung so? Was wird der andere sagen?“. Mimik und Gestik des Gegenübers lese ich in Sekundenschnelle ab und erkenne dessen Gefühlswelt. Ich wage auch zu behaupten, ich habe dadurch eine gute Menschenkenntnis und weiß wie der ein oder andere Typ „tickt“. Gleichzeitig jedoch fehlt mir die Fähigkeit der inneren und äußeren Abgrenzung sowie „Nein“ sagen zu können, aus Angst, den anderen zu verletzen oder überrollt zu werden.

Je mehr ich mich mit diesem Thema befasse, desto mehr fange ich an, einzelne Befindlichkeiten meiner Kinder zu verstehen.

Die Große beispielsweise war als Baby ein Schreikind. Nichts und niemand konnte sie beruhigen. Einkaufstouren, Besuche und Kinderwagen waren ein Graus für sie. Nach jedem Pekip-Besuch ein Geschrei und Geweine. Wenn sie mal endlich eingeschlafen war (meist im Tragetuch) konnte sie das kleinste Geräusch wecken. Sie fing früh an zu laufen und zu sprechen und ist heute noch hochkreativ und sprüht vor Ideen. Im Kindergarten hatte sie eine lange Eingewöhnungszeit, galt als Einzelgänger und nicht integriert und kam im Grunde erst im allerletzten Kindergartenjahr mit etwa 6 Jahren richtig an. Ihre Geruchs- Licht- und Lärmempfindlichkeit war immer schon extrem ausgeprägt. Während sie sich in der Schule immer noch gut unter Kontrolle hat, explodiert sie zuhause. Sie ist wütend, schimpft und hackt auf ihren Geschwistern herum. Bei den Hausaufgaben kann sie sich kaum konzentrieren, wenn jemand neben ihr sitzt und (normale) Geräusche verursacht. Alleine schon das Ein- und Ausatmen des Gegnübers verursacht bei ihr Wutanfälle. Ihre Kleidung muss genau passen. Ihre Frisur muss so gelegt sein, dass sie ich gut anfühlt. Es gilt: je enger je besser. Weit und wabbelig geht garnicht. Daher hat sie sich schon früh, etwa mit drei Jahren selbst angezogen und mit 6 Jahren selbst frisiert. Sie ist überaus ehrgeizig und probiert selbst unter Tränen und Wutanfällen so lange, bis es klappt. Gleichzeitig kann sie sich aber auch komplett verweigern, wenn sie sich bedrängt fühlt oder von ihren Sinnen überfordert. Sie ist sehr empathisch und leidet leicht mit anderen Wesen. Sie projiziert sogar die Gefühlswelt auf ihre Babypuppe und die Kuscheltiere. Wehe, jemand stützt sich darauf ab oder schmeißt sie etwa auf das Bett.

Ebenso der Kleine: Ebenfalls ein Schreikind. Pekip und Spielkreis? Unmöglich. Besuche, Einkäufe und Touren nur unter riesigem anschließendem Geschrei. Die ersten vier Monate habe ich mit meinem Sohn fast keine Unternehmungen unternommen. Seine Sinne waren in dieser Zeit schon durch die Anwesenheit seiner Geschwister ausgereizt. Heute noch verträgt er kaum lautere Geräusche. Vor dem Staubsauger flüchtet er ebenso wie vor der Küchenmaschine. Geruchs- und Geschmackssinn sind ebenfalls hochsensibel. Schon sehr früh äußerte er sich mit „Mmhh“ oder „riech mal“ bei Blumen, zartem Parfum oder Duschgel. Genauso aber reagiert er mit heftigem Brechreiz bei übleren Gerüchen. Ein Camembert im Kühlschrank reicht da schon. Auch er lernte früh laufen und sprechen. Er ist sehr mitfühlend und empathisch. Er leidet sehr mit, wenn andere krank oder traurig sind und stellt oft viele Fragen zu Leben und Tod sowie Gott. Sein Wissensdurst ist überaus hoch. Er untersucht, forscht und stellt viele Fragen zu Themen, die mich als Mutter staunen lassen. Gleichzeitig ist er gegenüber Dritten äußerst zurückhaltend, beobachtet viel und kommt schwer ins Spiel. Genau wie ich liest er viel in den Mimiken des Gegenübers und kann sich öffnen oder auch komplett schließen. Bei negativen Schwingungen reagiert er mit Angst, Anspannung, Rückzug und gefühlter „Kleinheit“ und Schwäche. Das macht ihn besonders im Kindergarten sehr angreifbar.

Genau wie er und meine große Tochter bin ich –im Gegensatz zu vielen anderen- nie gerne in den Kindergarten gegangen. Es war mir immer zu laut, zu viel, kaum Rückzugsmöglichkeiten oder Raum zum „Luftholen“ und Besinnen. Ich habe mich immer gefragt, warum das so ist….vielleicht habe ich jetzt die Antwort gefunden. 
Danke fürs Zuhören.

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Gehst Du gerne zur Schule?



Letztlich habe ich eine Sendung im Fernsehen gesehen, bei der ein 9-jähriger Junge vor Publikum atemberaubende Stunts auf seinem BMX vorführte. Man hat gleich gesehen, ein wirkliches Talent mit Begeisterung und Interesse für sein Hobby. Als er gefragt wurde ob er gerne in die Schule gehe, antwortete er (als hätten wir es geahnt): „Nein“.

Alle lachten. 

Ich nicht. 

9 Jahre, das heisst, er ist gerade mal 2-3 Jahre in der Schule, hat also noch geschätzte 9 Jahre vor sich…ohne eventuelles Studium. Und hat jetzt schon keine Lust mehr? 

Er hat in Mathe wahrscheinlich gerade die „1000er Rakete“ hinter sich und darf sich bald auf die „Millionen-Rakete“ freuen. Wiederholungen über Wiederholungen, stupide Aneinanderreihungen von Zahlen und Rechnungen. Alles ohne Charme, Esprit und Lustgefühl. In Deutsch werden zum gefühlten hundertsten Male Wörter geübt, die im normalen Sprachgebrauch kaum mehr zu finden sind. Die Kinder ächzen und stöhnen im Unterricht und auch nachher zuhause, da sie sich vor Hausaufgaben kaum retten können. „Der Ernst des Lebens“, ja, das Eintrichtern von Informationen hat noch niemandem Spaß gemacht.

Alle lachten…weil sie sich genau in den Jungen reinversetzen konnten. Schule nach Plan macht in den wenigsten Fällen Spaß. Und niemand ändert etwas daran. Stattdessen lächelt man und zuckt die Schulter à la „da muss er eben durch, ich habe das auch hinter mir.“ 

Das Schulsystem mit seinem Frontalunterricht und den starren Lehrplänen besteht in der Form gefühlt schon seit der Steinzeit. Sicherlich hat man in der Zwischenzeit erkannt, dass man etwas ändern muss, also stellt man die Tische und Stühle in Vierer- oder Sechser-Gruppen zusammen und ist stolz darauf, jetzt eine „moderne“  Schule zu haben. Modern…ja…jedoch findet weiterhin der normale Frontalunterricht statt. Dafür gehen die SchülerInnen jetzt mit Haltungsschäden aus der Schule, da sie Hals und Wirbelsäule verdrehen müssen, um die Tafel oder den/die LehrerIn sehen zu können. Individuelle Förderung? Fehlanzeige. Alle müssen und sollen den gleichen Stoff im gleichen Tempo durchnehmen. Krankheit? Pech, sitzt man eben mit Fieber und schmerzendem Kopf auf der Couch und arbeitet zuhause. Denn nach drei Fehltagen, 5 Seiten Mathe und Deutsch nachzuarbeiten, ist nicht wirklich lustig.

Dass es auch anders geht, zeigen viele Beispiele im nationalen und internationalen Bereich. Es muss ein Ruck durch die verstaubten Köpfe der Bildungsminister gehen. Mutig sein ist die Devise. 

Und wenn sich alle ein wenig mehr Mühe geben, dann wird es auch wieder schön, das Lernen!

Sonntag, 6. April 2014

Das Mutterdings




Ich liebe meine Kinder, ohne Wenn und Aber. Ich liebe jedes auf seine Weise und ich bin auf jedes einzelne stolz. Ich versuche, jedem einzelnen gerecht zu werden, so wie ich es kann. Trotzdem merke ich, dass meine Kinder oft um meine Aufmerksamkeit buhlen. Das bringt mich oft zum Rotieren und auch zum innerlichen Zermürbnis. 

Der neuste Schrei unter den Mädchen ist das Proben und das Aufführen von Tanzvorstellungen, inklusive Kleiderchaos dank 10mal Kostümwechsel. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht eine selbstgebastelte Einladung zur „Fürtel nach eins – Vorstellung“ bekomme, gerne noch mit den Nachbarkindern – wenn denn mal zuhause.

Ich gehe natürlich gerne zur Aufführung, die auch mal eine gute Viertelstunde dauern kann. Ich denke dann nicht an die trockene Wäsche, die abgehangen und gefaltet werden muss. Oder die Bügelwäsche. Oder die Spülmaschine, die auch schon piepst. Nein, ich bin dann voll und ganz bei der Artistin/Clownin/Tanzmaus. Ganz! Ganz? Naja, nicht so ganz. Mausemann ist ja noch da.

Der hat natürlich keinen Sinn für musische Künste. Der stellt mal gerne den Regler an dem CD-Player abwechselnd laut, dann leise oder drückt den „Aus“-Knopf, läuft in die Vorstellung oder räumt die Schränke aus. Ich versuche ihn dann auf den Schoss zu ziehen, denn mittlerweile hat auch der Gesichtsausdruck des tanzenden Mädchens gewechselt, von glitzernden Augen und einem Lächeln hin zu Stirnrunzeln und einem „o“-geformten Mund. Ist mir schon etwas unangenehm, immerhin gibt sich die Artistin gerade die größte Mühe. Irgendwann reicht es dann wohl allen, denn wir werden rausgeworfen. Natürlich lassen sich die Mädchen nichts anmerken, aber ich kann mir vorstellen, dass sie im Innersten enttäuscht sind…Mama hat mal wieder keine Zeit. Trotzdem finde ich es toll und bemerkenswert, dass sie nicht auf ihren Bruder böse sind, immerhin verhindert er ja ihren Auftritt. Dennoch, manchmal habe ich das Gefühl, keinem Kind wirklich gerecht werden zu können. Mausemann fordert wirklich viel Aufmerksamkeit, da er keine Minute still hält und wirklich die unmöglichsten Dinge anstellt. Das fängt bei der Flucht aus dem heimischen Garten an (trotz Zaun!), geht über das lustige Zerdeppern von Tassen (und der Schrank hat ein Schrankschloß!) und endet auch mal gerne damit, dass er alle möglichen Dinge in sein Versteck hinter der Schrankwand wirft oder auch gerne mal Fernbedienungen ins Putzwasser. Ja, es wird wirklich nie langweilig.

Und genau diese Neugierde ist die Ursache dafür, dass ich für meine Mädchen nicht mehr wirklich Zeit habe. Basteln, spielen, lachen oder einfach mal durchkitzeln…all das ist nur noch begrenzt und sehr sehr kurz möglich. Die Große geht mittlerweile sogar lieber in die Nachmittagsbetreuung der Schule statt nach Hause zu kommen. Ich kann es ihr nicht verdenken. Das macht mich oft traurig und ich denke manchmal, als Mutter nicht richtig die Kurve zu bekommen. Dieses doofe Mutterdings… jeder muss die gleiche Liebe und Aufmerksamkeit bekommen, keiner darf benachteiligt werden. Bloss kein Kind denken lassen, man würde das andere bevorzugen oder gar mehr lieben. Das Schlimme ist, ich bin auch kein Typ der eine „Ist doch egal“ – Haltung einnimmt und die Sache einfach auf sich beruhen lässt. Nein, ich grüble im Stillen und versuche immer, alles zu verbessern. Das zermürbt mich manchmal.

Dann aber sehe ich mir meine Kinder an. Motte und Prinzessin beim Malen von fantasiereichen Bildern mit extra neu angeschafften Filzstiften, Mausemann auf meinem Arm in Sicherheitsabstand und ich denke: Nein, so schlimm ist es doch garnicht. Sie lieben sich und sie lieben ihren Bruder. Noch nie kam ihnen ein Gedanke oder ein Wort über die Lippen, dass sie ihn nicht mehr wollen, obwohl er ihnen die Mama klaut. Nein, sie lieben ihn heiss und innig und verteilen dicke Knutscher auf seinen schokoverschmierten Backen, obwohl er ihnen gerade den Nachtisch abgeluchst hat. Ja, so ist das. Ich bin stolz auf meine Kinder und ich bin sicher, dass ich bald auch wieder mehr Zeit für jedes Einzelne haben werde. Das bin ich ihnen auch schuldig.

Sonntag, 29. Dezember 2013

Mama geht weg



Nein, nicht weg, nur aus. 
Aber das ist ja wie weg…zumindest in den Augen der Kinder. Geschrei, Palaver, erschrockende Gesichter und kreischende „NEIIIN“ – Rufe und das alles wenn Mama  erwähnt „ich könnte mal wieder abends mit Freunden was essen gehen“.

Warum ist das so? Warum wird an diesem besagten Abend auch immer irgendein Kind krank? Alles ist in bester Ordnung, bis Mama die schlimmen Worte sagt: „Heute Abend geht die Mama aus.“  Boing. Schlagartig wechseln die Kinder die Farbe und dem Jüngsten fällt das Abendessen aus dem Gesicht.
Ich weiss noch nicht, ob ich es als Kompliment auffassen soll oder einfach als „hinterlistigen Versuch der Kinder, die Mutter zu manipulieren“ wie so manche schlauen Ratgeber formulieren.

Nein, ich glaube, die Lösung liegt dazwischen. Bei drei Kindern ist es schwierig, jedem Kind seine gewünschte Aufmerksamkeit zu schenken. Abends im Bett ist das anders. Da lege ich mich zu den Grossen  ins Bett und kuschele ausgiebig. Wir sprechen über den Tag und was uns bewegt hat. Reine Qualitätszeit, wie man so schön sagt. Das gibt natürlich keiner so einfach auf.
Und der Kleine…ja, der wird ja noch gestillt, am liebsten in den Schlaf. Was soll er dann auch mit Herbert anfangen. Nein, da hilft nur Mama…

Ja, und Mama? Die sitzt mal wieder abends zuhause rum und weiss nicht, ob sie es aus Pflichtgefühl tut oder zum Zwecke der Selbstgeisselung wie Herbert es gerne nennt. Naja, noch zwei Jahre, dann ist Mausemann drei und die Welt wird abends wieder entspannt sein.

Man kann sich ja auch zum Frühstück treffen, oder?

Dienstag, 26. November 2013

Zeit

Es ist Samstag.  
Herbert ist zuhause und frühstückt mit den Kindern. Ich verkrümele mich mit den Worten: „Ich gehe mal duschen!“ Endlich…Zeit….nur für mich. 

Ich gehe ins Bad, ziehe mich aus, lege die Kleider auf den Wickeltisch, stell die Dusche an und warte, bis das Wasser etwas wärmer wird. Ich freue mich. Ich fühle nochmal das Wasser, endlich warm. Ich schlüpfe hinein und lasse die warmen Wassertropfen auf meinen Kopf prasseln. Ich schliesse die Augen und geniesse die Wärme.
Wir haben einen Raindrop-Dusche, die das Wasser wie Regentropfen auf mich fallen lässt. Es fühlt sich einfach toll an. Ich mag mich garnicht mehr bewegen, einfach nur unter dem Wasser stehen und geniessen.

Plötzlich geht die Tür auf und reisst mich aus meinen Träumen. Ich öffne die Augen. Prinzessin kommt reingeschneit...“Ich muss mal aufs Klo. Unten ist besetzt“. Ich schliesse die Augen wieder und versuche, die Dusche weiter zu geniessen. Wäre ja nicht das erste Mal, dass ein Kind mir beim Duschen zuschaut. 
„Mamaaaa, was machst Du da?“….Ich rühre mich nicht.
„Mamaaaaaaa, weisst Du welches Lied mein absolutes Lieblingslied ist?"
Ich rühre mich immer noch nicht. Ich merke, wie sie mich erwartungsvoll anschaut. Dann singt sie einfach los. Ich neige den Kopf etwas nach hinten, damit das Wasser meine Ohren umspült und so die Geräusche etwas dämpft. Sie hört auf.
„Mamaaaa…“ Dann erzählt sie mir noch irgendetwas über Frisuren und Spängchen ihrer Freundinnen und was sie nachher anziehen möchte. Ich gebe auf. Stelle den Hahn ab, seife mich ein, dusche mich ab und angele nach dem Handtuch.
Sie strahlt mich an. „Mama, bist Du jetzt fertig?“             

Ich schaue ihr in die Augen und ein warmes Gefühl überkommt mich. Ich nehme sie in den Arm und drücke ihr einen dicken Schmatzer auf die Backe. „Ja, mein Schatz“.


Freitag, 11. Oktober 2013

Tyrannei und andere Kinderspielchen




Also, ich muss jetzt mal was los werden. 
Ich lese ja oft und gerne Mütter-Blogs. Was mir momentan aber häufig entgegen strahlt, ist ein Trend der Kindererziehung, der mich zum Stirnrunzeln bringt.

Eine Mutter beschreibt in ihrem Blog beispielsweise eine Einkaufssituation. Da findet sie sich –warum auch immer – auf einem Fussboden wieder (ausgerutscht? Erziehungsstrategie?) während ihr jüngerer Sohn nach Tomaten schreit. Gleichzeitig schämt sich ihr vierjährigerer erster Sohn für ihr Verhalten. Dann geht es weiter zur Wursttheke, wo besagter Quäker an der Glasscheibe trommelnd nach Wurst schreit. Sie ignoriert ihn.
Dann lese ich die Kommentare mit „Haha, das könnte von uns sein.“ Oder „Ja, das kenne ich“ und ich denke mir, bin ich die Einzige, die das befremdlich findet? Was ist denn so toll und lustig daran, sich von Kindern derart tyrannisieren zu lassen? 

Oberstes Ziel der Erziehung sollte doch sein: auf das Leben vorbereiten. Und wir leben nun mal in einer Gesellschaft.  Und in einer Gesellschaft herrschen Regeln. Punkt. Die sollte man kennen. Punkt.

Das hört sich jetzt ziemlich streng an, ist es aber garnicht. Im Grunde geht es einfach mit Kommunikation. An der richtigen Stelle die richtigen Wörter sagen.

Einkaufssituationen sind da ja immer ein beliebter Ort für besagte Kinderspielchen. Wir Erwachsene können uns selbst sehr gut regulieren (zumindest die meisten) und auch NEIN zu unseren Wünschen sagen. Bei Kindern klappt das leider nicht. Am einfachsten zu sehen ist dieses Phänomen, wenn man ihnen den neuesten Jako-o Katalog in die Hände drückt, aus dem sie sich fünf Sachen fürs Christkind aussuchen können. „Bitte mit Bleistift ankreuzen“. Nach spätestens 5 Minuten kommt der Ruf: „Maaamaaa, wo ist denn der Spitzer?“
Und im Laden geht es den Kids nicht anders. Überall lauern sie… die Verlockungen in Form von Barbiepuppen, glibberigen Ferdi Fuchs- Würstchen oder dem allseits bekannten Ü-Ei.

Aber wie reagiert man am besten, wenn zum zehnten Mal der Schrei nach „Maaamaaa, kann ich das BITTE haben, BITTE BITTE?“

Bei uns funktioniert das so: ich spreche mit den Kindern, was wir vorhaben. Beispiel: Einkaufen.
Ich erzähle Ihnen was wir benötigen und jedes Kind merkt sich zwei bis drei Sachen, die es im Laden dann suchen und nehmen darf. Das macht den Kindern irre viel Spaß und sie sind nicht an den Wagen und die Mama gefesselt. Hier würden sie sich eher langweilen und zu streiten beginnen.

Gleichzeitig sage ich Ihnen, ob sie sich ein kleines Extra aussuchen dürfen, in Form von einem Malblock, Zeitschrift, Schokolade, Kaugummi o.ä.. 

Im Laden selbst zerre ich die Kinder nicht immer direkt weiter sondern schaue mit ihnen auch nach den Dingen, die sie interessieren. Gerade, wenn sie sich an dem Tag nichts aussuchen dürfen. Nimmt man sich nämlich einmal die Zeit für das Buch oder die Puppe, die das Kind einem zeigt, ist der „Haben-will“-Faktor garnicht mehr so groß.  Und ganz ehrlich…DIE 15 Sekunden, die das ganze an Mehr-Aufwand bedeutet, hat man doch immer übrig. Dann gibt es vielleicht das Essen ein paar Minuten später.
Wenn man sich interessiert, Zeit investiert und viel auf gleicher Ebene kommuniziert, entstehen diese „Spielchen“ garnicht, so meine Erfahrung. 

Sagt sogar Herbert.

Sonntag, 25. August 2013

Wie gut, dass es Omis und Opis gibt

Gerade habe ich einen Artikel gelesen, der besagt, wie toll es doch ist, Opis und Omis zu haben. Berufstätige Mütter können entspannt der Arbeit nachgehen und die Kinder werden fröhlich von Spielplatz zu Streichelzoo geführt. Von Synergieeffekten ist die Rede und wie viel doch alle Parteien voneinander profitieren. Omis und Opis sind einfach toll. Sie können Geschichten von Mama und Papa erzählen, die sie sonst nicht hören würden und sie blättern gemeinsam in alten Fotoalben. Sie sind ruhiger und entspannter, nehmen sich mehr Zeit und freuen sich darauf, ihre Enkelchen zu betreuen. Untermalt wird das ganze noch mit einem tollen Foto von Omi und Opi in der Natur, alle lachen sie, spielen "Engelchen flieg" mit ihrem Enkel. Hach, was ein schöner Artikel. Da wird man doch gleich sentimental.

Voller Euphorie hab ich dann mal gleich meine Mama angerufen und sie gefragt, ob sie denn kurz Zeit hätte, ich käme dann mal mit ihren drei Enkeln vorbei.
In meinem Kopf spielte sich schon ab, wie wir alle gemeinsam lachen und spielen, die Kinder mit Eis verwöhnt werden und die Oma sich freut, endlich ihre Enkelchen wieder zu sehen.
Sie: "Ach Hallo...ja...das passt mir aber gerade nicht, ich bin gerade in der Stadt....Wie? Nein, heute nicht mehr. Morgen? Ach nein, da habe ich einen Zahnarzttermin. Überhaupt ist die ganze Woche ziemlich zu. Was ich Dir aber noch sagen wollte, die Motte hat mir die Stuhlhusse mit Schokoladeneis versaut, das muss in die Reinigung. Das kannst Du ja mit Deiner Haftpflichtversicherung abrechnen, gell Schatzi? Tschüüüß dann!"

Hmpf.

Nächster Versuch: Herberts Mutter: "Oh nein, das geht gerade nicht. Ich habe einen Termin mit Oma, dann muss ich zur Fusspflege, morgen fahren wir in ein Geschäft, um Möbel auszusuchen. Weisst Du, die Oma ist wieder ganz daneben, sie hat ganz vergessen, zu frühstücken (Oma ist dement), ich hab ihr schon tausendmal gesagt: Omma, Du musst was essen. Dann bin ich ...blablabla......So Tillie, ich muss weitermachen. Bis dann, gell? Tschüüüß"

Hmpf. Hmpf.

Traurig lese ich den Artikel wieder. Eigentlich ist er ziemlich doof!